Mitgliederversammlung online – Regeln, Gesetze & wertvolle Tipps!
Die Corona-Krise hat die Gesetzeslage rund um Online-Mitgliederversammlungen verändert. Waren früher nur Präsenzveranstaltungen möglich, hat der Bundestag die Tür für virtuelle und hybride Versammlungen weit geöffnet.
In unserem Ratgeber zeigen wir alle gesetzlichen Neuerungen auf, die auch für Ihren Verein relevant sind. Daneben geben wir Ihnen praktische Anleitungen und Tipps an die Hand, wie z. B. eine Online-Mitgliederversammlung in der Vereinsatzung zu regeln oder eine schriftliche Abstimmung zu organisieren ist. Außerdem informieren wir Sie über alle Vor- und Nachteile rund um Online-Mitgliederversammlungen.
Wie ist die Rechtslage für Online-Mitgliederversammlungen?
Der Gesetzgeber war durch die zahlreichen Ein- und Beschränkungen während der Corona-Pandemie gezwungen, eine Ausnahmeregelung zu schaffen, die es Vereinen erlaubt, auch ohne Satzungsregelung Beschlüsse zu fassen. Dadurch war es möglich, etwa Mitgliederversammlungen auch online durchzuführen. Allerdings war das als besonders eilbedürftig verabschiedete Mantelgesetz zeitlich befristet, sodass eine neue gesetzliche Regelung erforderlich wurde.
Für alle deutschen Vereine steht seit Februar 2023 fest: Hybride Online-Mitgliederversammlungen sind auch zukünftig ohne Satzungsregelung möglich. Inmitten der Corona-Pandemie stellte sich für viele Vereine die Frage, ob die anstehende jährliche Mitgliederversammlung auch digital stattfinden kann. Die Antwort lautet damals wie heute: Ja, das ist (weiterhin) möglich. Dies betrifft daneben auch die außerordentliche Mitgliederversammlung.
Die Corona-Krise hat mitsamt den ehemals geltenden Kontaktbeschränkungen dafür gesorgt, dass der Gesetzgeber auch hinsichtlich der Vereinstätigkeiten tätig werden musste. Bislang galt, dass Mitgliederversammlungen lediglich dann möglich sind, wenn die teilnehmenden Mitglieder auch wirklich anwesend waren. Diese Präsenzpflicht war jedoch zu Pandemiezeiten nicht länger aufrechtzuerhalten, ohne die Arbeit der Vereine nachhaltig einzuschränken.
Schließlich ist das Problem von der Bundesregierung rechtzeitig erkannt worden. So hat man ein Gesetz verabschiedet, welches u. a. Vereine schnell wieder handlungsfähig machte. Das Gesetz mit dem sperrigen Namen „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-, und Strafverfahrensrecht“ (GesRuaCOVBekG), auch Corona-Abmilderungsgesetz genannt, das bis zum 31. August 2022 gültig war, sorgte dafür, dass Vereinsvorstände dank virtueller Versammlungen weiterhin beschlussfähig waren. Denn mithilfe der Online-Verfahren konnten weiterhin wichtige Entscheidungen getroffen oder der Geschäftsbericht vorgetragen werden.
Was regelt § 32 BGB für die Online-Mitgliederversammlung?
Wie bereits erwähnt ist es den Vereinen bzw. den Mitgliedern nach den neuen Regelungen gemäß § 32 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) erlaubt, an den Mitgliederversammlungen „online“ teilzunehmen. Danach genügt es, wenn die Vereinsmitglieder virtuell präsent sind und ihre Mitgliederrechte dabei ebenso virtuell ausüben.
Am 9. Februar 2023 hat der Bundestag beschlossen, dass weiterhin die Mitgliederversammlung online abgehalten werden darf, und zwar in Gestalt von Videokonferenzen. Daneben ist aber auch eine Teilnahme per Chat oder Telefon möglich. Damit wurde die Bedingung einer Satzungsänderung aufgehoben, wenn eine hybride oder eine rein digitale Mitgliederversammlung durchgeführt werden soll.
Eine Besonderheit gilt es dennoch zu beachten: Während hybride Versammlungen (ein Teil der Mitglieder nimmt virtuell teil, ein anderer Teil ist selbst vor Ort präsent) jederzeit vom Einberufungsorgan organisiert werden können, bedarf es bei rein digitalen Mitgliederversammlungen der Zustimmung aller Mitglieder! Darüber müsste man folglich per Mitgliederbeschluss entscheiden.
Des Weiteren bleiben Vorschriften zu einer Einladung zur Mitgliederversammlung unberührt. Das bedeutet, Sie müssen die Mitglieder weiterhin laut Satzung einladen.
Gleiches gilt für das Protokoll: Der Schriftführer muss weiterhin ein Protokoll der Online-Mitgliederversammlung anfertigen, dieses ausdrucken und im Anschluss unterzeichnen.
Im Übrigen gilt: Regelungen, die in einer Vereinssatzung festgehalten wurden, gehen den Bestimmungen des § 32 BGB vor. Umgekehrt greift § 32 BGB sofort, sollte diesbezüglich keine Satzungsregelung getroffen worden sein. Letzteres könnte jedoch eine ungewollte Ausweitung der Entscheidungsmacht der Mitgliederversammlung bedeuten. Daher bietet es sich gleich aus mehreren Gründen an, in der Satzung eindeutige Regelungen zu treffen und somit für mehr Klarheit zu sorgen.
Ist eine Beschlussfassung ohne Mitgliederversammlung möglich?
Ja, ein Beschluss kann entsprechend § 32 Abs. 3 BGB von den Mitgliedern grundsätzlich auch dann gefasst werden, wenn keine Versammlung stattfindet. Allerdings muss hierfür die Zustimmung schriftlich erfolgen. Des Weiteren ist die Zustimmung jedes einzelnen Mitglieds erforderlich, was in der Praxis kaum umsetzbar sein dürfte. Daher ist man als Vereinsvorstand gut beraten, eine klärende Satzungsregelung zu treffen.
Diese könnte wie folgt aussehen:
Ein Beschluss auch ohne Versammlung ist abweichend von § 32 Abs. 3 BGB dann gültig, wenn
- alle Vereinsmitglieder informiert und fristgerecht beteiligt wurden,
- mindestens 1/3 der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und
- der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.
Wie an diesem Beispiel ersichtlich, ist die Vorgehensweise hier die gleiche wie bei Mitgliederversammlungen online. Dabei können die Mitglieder ihre Stimme, nachdem sie angeschrieben wurden, auch per E-Mail abgeben. Wichtig ist dabei, eine Frist zu setzen, bis wann die Stimmabgabe zu erfolgen hat.
Welche technischen Voraussetzungen braucht man für eine Online-Mitgliederversammlung?
Unabhängig vom Alter der Vereinsmitglieder sollte die Devise bei virtuell abgehaltenen Online-Mitgliederversammlungen stets lauten: je simpler, desto erfolgversprechender. Damit sind in erster Linie die benötigte Geräteausstattung für zu Hause und eine leicht bedienbare Software für die anstehende Web-Konferenz gemeint.
Als geeignete Software-Programme für eine Mitgliederversammlung online bieten sich folgende Varianten an:
- Skype: Die bewährte, kostenlose Software ist recht einfach in der Handhabung und benötigt zur Anwendung nicht mehr als ein Microsoft-Konto, das man noch extra anlegen muss.
- Jitsi: Ohne Account nutzbar und frei verfügbar, kommt die Web-App auch ohne zusätzliche Desktop-Software aus.
- Zoom: Diese Software ist in der kostenlosen Version von bis zu 100 Teilnehmern 40 Minuten lang pro Gespräch nutzbar.
- Weitere kostenpflichtige, professionelle Anbieter: Microsoft Teams, polya, Vivent oder WebEx.
Darüber hinaus benötigt jedes Mitglied entweder einen Desktop-PC inklusive Kamera oder einen Laptop (hier ist die Kamera bereits meist installiert). Daneben sollte der vom Verein angebotene virtuelle Raum nur mit einem Passwort zu betreten sein, welches am besten über das Einladungsschreiben mitgeschickt wird. Außerdem müssen die Mitglieder mit ihrem Klarnamen als Username teilnehmen, damit sie identifizierbar sind.
Wie sollte man die schriftliche Abstimmung organisieren?
Wenn die Mitgliederversammlung ganz ausfällt und die Abstimmung zu einem Beschluss schriftlich erfolgen soll, müssen gleich mehrere Punkte beachtet werden. Hierzu zählen z. B. das Dokumentieren des Abstimmungsergebnisses und vor allem das vorherige Feststellen der Beschlussfähigkeit. Damit die schriftliche Abstimmung reibungslos vonstattengeht, haben wir das Prozedere in folgende vier Schritte aufgeteilt:
Schritt 1: Informationsschreiben an die Mitglieder
Jedes Vereinsmitglied muss über die anstehende Beschlussfassung in einem Schreiben informiert werden. Auch eine E-Mail ist hierfür völlig ausreichend. Wenn entsprechende Anträge von den Mitgliedern eingereicht werden können, ist auch darauf hinzuweisen.
Abschließend ist auf eine Fristsetzung von etwa 14 Tagen für die Antwort zu achten.
Schritt 2: Erstellen von Beschlussvorlagen
Nach Eingang aller Mitgliedervorschläge können die Beschlussvorlagen erstellt und gesammelt an die Mitglieder geschickt werden. Darin werden die Mitglieder unter Fristsetzung aufgefordert, ihre Entscheidung hinsichtlich der einzelnen Beschlüsse abzugeben.
Die Mitglieder können dabei entweder per E-Mail, in klassischer Textform oder aber per Fax antworten.
Schritt 3: Auswertung der abgegebenen Stimmen
Unmittelbar nach Ablauf der Frist, kann es mit dem Auszählen der Stimmen losgehen. Die schriftliche Beschlussfassung ist erst dann gültig, wenn die Satzungsvoraussetzungen erfüllt sind: Dies ist je nach Wortlaut dann der Fall, wenn z. B. „mindestens ein Drittel aller Mitglieder ihre Stimmen abgegeben haben“. Andernfalls ist sie als gescheitert anzusehen.
Hinsichtlich der entscheidenden Stimmenmehrheit, kommt es ebenfalls auf die in der Satzung festgeschriebenen Bedingungen an. Meistens genügt dabei eine einfache Mehrheit, um den Beschluss anzunehmen. Fehlt es in der vereinseigenen Satzung an einer solchen Voraussetzung, so greift automatisch die gesetzliche Regelung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach für den Beschluss einer Satzungsänderung eine ¾-Mehrheit erforderlich ist.
Schritt 4: Bekanntgabe des Ergebnisses
Nach Auszählen der abgegebenen Stimmen wird den Mitgliedern in geeigneter Form das Ergebnis mitgeteilt.
Welche sind die Vor- und Nachteile einer Online-Mitgliederversammlung?
An die im Vereinsrecht geltenden gesetzlichen Neuerungen in punkto Mitgliederversammlung online müssen sich sowohl die Vorstände als auch die Mitglieder noch gewöhnen. Dennoch gibt es klar zu benennende Vorteile, die eine virtuelle oder hybride Versammlung mit sich bringt. Daneben sind allerdings auch einige Nachteile zu erwähnen.
Vorteile der Online-Mitgliederversammlung:
- Es entstehen keine Raumkosten.
- Mitglieder sparen ohne Anfahrt zur Versammlung Zeit und Kosten.
- Mitgliederversammlungen können in jedem Fall durchgeführt werden, auch wenn Zusammenkünfte untersagt worden sind.
- Wegen Online-Formularen sind schnelle und fehlerfreie Auszählungen möglich.
- Mitglieder, die weiter entfernt wohnen, können problemlos teilnehmen.
- Der Verein präsentiert sich als „moderne“ Einrichtung.
Nachteile der Online-Mitgliederversammlung:
- Neue technische Anforderungen verursachen dem Verein Kosten bei Planung und Umsetzung.
- Erforderliche Technik stellt für manche Mitglieder eine Hemmschwelle dar.
- Kontakt unter den Mitgliedern leidet unter Online-Versammlungen.
- Erhöhtes Know-how ist erforderlich, da Mitglieder über spezielle technische Möglichkeiten verfügen müssen.
- Online-Diskussionen lassen sich bei größerer Teilnehmerzahl nur schwer moderieren.
- Es besteht die Gefahr einer aufkommenden Distanz bzw. „Entfremdung“ zwischen Vorstand und Basis.
Wie regelt man die Online-Mitgliederversammlung in der Vereinssatzung?
Gemäß § 58 Ziffer 4 BGB (Sollinhalt der Vereinsatzung) soll die Vereinssatzung die Voraussetzungen beschreiben, wie eine Mitgliederversammlung zu berufen ist. Darüber hinaus soll sie Bestimmungen über die Form der Berufung enthalten. Außerdem werden Bestimmungen über die Beurkundung der Beschlüsse gefordert.
Aber wie lässt sich konkret eine Online-Mitgliederversammlung rechtssicher planen?
Ähnlich wie in Satzungen sollten auch für Online-Mitgliederversammlungen Formulierungen getroffen werden, die das Einreichen von Anträgen genau terminieren.
Daneben ist eine Satzungsklausel ratsam, welche die Beschlussfähigkeit hervorhebt. Eine solche könnte folgendermaßen aussehen:
Jede ordnungsgemäß berufene Mitgliederversammlung oder Online-Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder bzw. der an einer E-Mail-Abstimmung oder Online-Abstimmung teilnehmenden Mitglieder beschlussfähig.
Schließlich sollte die Bedeutung einer sauberen Protokollierung berücksichtigt werden. So werden zur Protokollierung der Beschlüsse Protokolldateien erstellt. Zusätzlich ist über die Online-Mitgliederversammlung ein Ergebnisprotokoll anzufertigen, was sowohl vom Versammlungsleiter als auch einem zweiten Vorstandsmitglied unterschrieben werden muss.
9 Tipps für die perfekte Online-Mitgliederversammlung
Corona hat die Mitgliederversammlungen im Verein beinahe „revolutioniert“. Heute – spätestens seit dem Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen – sind etwa Tools für Videokonferenzen besonders gefragt. Aber wie organisiert man als Verein am besten eine Online-Mitgliederversammlung? Wir haben für Sie die wichtigsten Punkte kurz und bündig zusammengefasst:
- Einfach zu bedienende Software – am besten ohne EDV-Kenntnisse anwendbar und für größeren weiten Benutzerkreis zugänglich
- Probelauf mit ausgesuchten Vereinsmitgliedern, um Pannen bei der Versammlung zu vermeiden
- Online-Mitgliederversammlung genauestens planen und auch die Mitglieder über Ablauf und Mitwirkungsmöglichkeiten informieren
- Ausreichend Zeit für Diskussionen und Meinungsaustausch einräumen
- Raum lassen, um die Mitgliederversammlung flexibel zu gestalten
- Mitgliederversammlung von Versammlungsleiter moderieren lassen – egal, ob online oder Präsenzveranstaltung
- Sachbezogene Diskussionen und Beschlussfassungen getrennt voneinander abhalten
- Missverständnisse vermeiden und z. B. Beschlüsse genau formulieren bzw. bereits vorher veröffentlichen
- Klar kommunizieren, ob die Stimmabgaben mit Online-Formular oder per E-Mail abgegeben werden sollen