Achtung: Dieses brandgefährliche Gesetz haben die wenigsten Vereinsvorstände im Blick
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet eine Diskriminierung von Menschen aufgrund von Religion, Behinderung, Geschlecht, Rasse, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung usw. und fordert damit eine Gleichberechtigung.
Das bedeutet vor allem:
Wenn Ihr Verein Stellen ausschreibt, muss er tunlichst darauf achten, dass diese geschlechtsneutral formuliert sind, nicht bestimmte Altersgruppen ausgrenzt. So erlebte gerade der Förderverein der Tageszeitung taz mit einer Stellenanzeige ein Desaster:
Eine vom ihm geförderte Volontärstelle sollte ausschließlich an eine Frau mit Migrationshintergrund vergeben werden. Entsprechend wurde die Stellenanzeige formuliert. Dort hieß es: „Stelle frei – Volontärin gesucht“. Und weiter unten im Text hieß es, dass eine „Frau mit Migrationsgeschichte“ gesucht wird. Es kam, wie es kommen musste:
Ein Mann aus der Ukraine bewarb sich. Prompt bekam er eine Absage. Also klagte er wegen Diskriminierung aufgrund seines Geschlechts – und bekam vor dem Arbeitsgericht Berlin Recht. 3 Monatsgehälter erhält er – 2.700 Euro bei einem Volontariatsgehalt von 900 Euro im Monat (Urteil vom 5.6.2014, Az. 42 Ca 1530/14).
Sicher hat es die „taz“ gut gemeint – doch in Zeiten der Allgemeinen Gleichberechtigung durch das Gleichbehandlungsgesetzes dürfen Männer oder Frauen eben nur dann bevorzugt werden, wenn es hierfür einen sachlichen Grund gibt.
Das heißt für Vereine: Nur wenn Ihr Verein als Tendenzorganisation gilt, zum Beispiel weil er, um seine satzungsgemäßen Ziele verfolgen zu könne, eine bestimmte Religionszugehörigkeit verlangt, darf er bei der Stellenausschreibung Ausnahmen machen und beispielsweise „eine/einen Mitarbeiter/mitarbeiterin (röm-kath.)“ suchen.
Das gilt in Bezug auf Mitgliedschaften
Grundsätzlich gibt die Satzung eines Vereins die Spielregeln vor. Sie enthält „die das Vereinsleben bestimmenden Grundentscheidungen“, also beispielsweise auch die Gleichberechtigung bei der Bestimmungen über den Erwerb der Mitgliedschaft.
Insofern hat der Verein auch das Recht, die Kriterien, die eine Mitgliedschaft begründen (oder ausschließen) selbst festzulegen. Grundlage hierfür ist § 225 BGB. Dort heißt es:
Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird … durch die Vereinssatzung bestimmt.
Grundsätzlich besteht für Vereine deshalb auch keine Aufnahmepflicht, selbst dann, wenn ein Mitglied die satzungsgemäßen Voraussetzungen erfüllt. Es sei denn, die Ablehnung führt zu einer unbilligen Härte:
Beispiel:
Der Marketingverein in Musterhausen ist der einzige vergleichbare Verein in der Stadt. Mitglied Werner P., Inhaber eines Blumenladens, ist Mitglied. Als ein zweiter Blumenladen im Ort aufmacht, will er mit aller Macht verhindern, dass dessen Inhaber in den Marketingverein aufgenommen wird, obwohl dieser alle satzungsgemäßen Voraussetzungen (ansässig in Musterhausen und gewerblich tätig) erfüllt.
Folge:
Die Mitgliedschaft wird sich nicht verhindern lassen. Mit einer Klage hätte der zweite Blumenhändler Erfolg. Denn der Bundesgerichtshof hat (im Fall einer Gewerkschaft) bereits vor längerer Zeit entschieden: Es genügt eine erhebliche wirtschaftliche oder soziale Machtstellung des Vereins und ein schwerwiegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft des Bewerbers um eine Aufnahmepflicht zu begründen (Urteil vom 10.12.1984 – II ZR 91/84)
Was also bleibt im Fall des abgesetzten Schützenkönigs?
Monopolvereine sind Schützenvereine nicht. Deshalb gibt es keine hohen Anforderungen in Bezug auf eine Aufnahmepflicht. Auch schränkt das AGG die Beschlüsse der Mehrheit im Verein nicht ein. Deshalb gilt: Vereinsrechtlich geht die Sache in Ordnung… wenn auch ein ungutes Gefühl dabei bleibt.
Übrigens:
Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften e.V. hatte bereits 2012 für Schlagzeilen gesorgt. Damals hatten die Mitglieder mit überwältigender Mehrheit beschlossen, dass der Lebensgefährte eines Schützenkönigs diesen bei öffentlichen Auftritten nicht begleiten darf. Immerhin:
Ursprünglich hatte die Überlegung im Raum gestanden, dem Schützenkönig für jeden öffentlichen Auftritt zwingend eine Frau zur Seite zu stellen. Dieses Ansinnen hatte man jedoch „großzügig“ fallengelassen. Der eingetragene Lebenspartner aber durfte keinesfalls wie eine angetraute Schützenkönigin in Erscheinung treten – so der Beschluss der großen Mehrheit.
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