Entlastung des Vorstands im Verein: Anspruch, Arten und Ablauf

Entlastung des Vorstands im Verein: Anspruch, Arten und Ablauf

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Inhaltsverzeichnis

Der Bericht des Vorstands ist das Herz einer jeden Mitgliederversammlung im Verein. Wegen seiner Bedeutung wird der Bericht des Vorstands auch als Geschäftsbericht bzw. Bericht zur Lage des Vereins bezeichnet. Er liefert die Antwort auf die Frage: „Was hat der Vorstand im Berichtszeitraum getan, um die Vereinsziele zu verwirklichen?“. Meist folgt auf die Vorstellung dieses Berichts die sogenannte Entlastung des Vorstands.

Was bedeutet Entlastung des Vorstands?

Mit der Entlastung des Vorstands verzichtet die Mitgliederversammlung auf rückwirkende Schadensersatzansprüche gegenüber dem Vorstand und spricht ihn von der persönlichen Haftung frei. Wenn der Vorstand entlastet wird, ist das gleichbedeutend mit einem Vertrauensbeweis gegenüber dem Vorstand.

Wichtig: Diese Entlastung gilt nur für Sachverhalte, die der Mitgliederversammlung auch bekannt waren. Sie ist also kein Freifahrtschein.

Hat der Vorstand einen Anspruch auf Entlastung?

Einen Anspruch auf Entlastung gibt es nicht.

„Habe ich meine Arbeit gut gemacht, muss mich die Mitgliederversammlung auch entlasten.“

So oder so ähnlich denken viele Vereinsvorsitzende. Das ist verständlich, aber leider falsch. Richtig ist: Weil der Gesetzgeber die Entlastung des Vorstands nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt hat, haben Sie nur dann einen Anspruch auf Entlastung, wenn Ihre Satzung hierfür eine Grundlage bietet (OLG Köln NJW-RR 1997 S. 483).

Grundsätzlich gilt: der Bericht des Vorstandes auf der Mitgliederversammlung muss umfassend sein und die Mitglieder über alle Angelegenheiten informieren, die zur sachgerechten Beurteilung der Geschäftsführung des Vereins erforderlich sind. Nur eine vollständig informierte Mitgliederversammlung kann die Entlastung des Vorstands beschließen. Und auch nur unter diesen Voraussetzungen kann der Vorstand seine Entlastung beanspruchen. Allein der Umstand, dass die Satzung für ordentliche Mitgliederversammlungen unter anderem auch den Tagesordnungspunkt „Entlastung des Vorstands“ vorsieht, begründet noch nicht einen Anspruch auf Entlastung.

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Welche Arten der Entlastung des Vorstands gibt es?

Über die Entlastung kann für jedes Vorstandsmitglied

  • einzeln
  • oder für den gesamten Vorstand gemeinsam abgestimmt werden

Für den Fall, dass die Satzung dazu keine Regelung trifft, entscheidet darüber die Mitgliederversammlung durch Mehrheitsbeschluss.

Ebenso ist es möglich, die Entlastung

zu beschränken.

Entlastung durch Vereinsbrauch – geht das? 

Wird in Ihrem Verein trotz fehlender Satzungsgrundlage schon seit Jahren in der Mitgliederversammlung wie selbstverständlich der Antrag auf Entlastung gestellt und darüber abgestimmt?

Dann können Sie dieses Verfahren weiter praktizieren. Es hat sich sozusagen ein „Vereinsbrauch“ entwickelt.

Aber auch das ändert nichts daran: Entlastung wird Ihnen die Mitgliederversammlung nur dann erteilen, wenn sie der Meinung ist, dass Ihre Geschäftsführung einwandfrei war.

Doch genau das macht die Entlastung so wichtig. Denn mit der Entlastung sagt die Mitgliederversammlung nichts Anderes als: „Lieber Vorstand, wir stellen dich von Haftungsansprüchen frei!“ Die Entlastung wirkt damit wie ein Verzicht und kann auch nicht angefochten werden, sofern der Beschluss darüber ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Doch Achtung: Das gilt nur für die Punkte, über die die Mitgliederversammlung auch informiert wurde. „Verheimlichte Sachverhalte“ und „Leichen im Keller“ werden davon nicht gedeckt (BGH NJW-RR 1988 S. 745).

Was passiert, wenn der Vorstand nicht entlastet wird?

Wird dem Gesamtvorstand oder einzelnen Vorstandsmitgliedern die Entlastung verweigert, drückt die Mitgliederversammlung damit ihre Missbilligung über die Vereins- oder Kassenführung aus. Mehr noch: Sie behält sich damit vor, eventuell bestehende Schadenersatzansprüche später beim Vorstand geltend zu machen – solange sie bei dem Beschluss über die Entlastungsverweigerung nicht ausdrücklich darauf verzichten.

Liegt ein solcher Verzicht nicht vor, müssen die nicht betroffenen Vorstandsmitglieder beziehungsweise die Mitglieder des Nachfolgevorstandes die Ansprüche verfolgen und notfalls auch gerichtlich durchsetzen.

Muss überhaupt eine Entlastung des Vorstands erfolgen?

Gesetzlich ist dies nicht vorgesehen. Aber: Die Antwort liefert häufig (aber nicht immer) die Satzung. Ist dort geregelt, dass eine Entlastung zu erfolgen hat, muss das auch geschehen. Und auch wenn in der Vergangenheit immer eine Entlastung erfolgt ist oder in der Tagesordnung zur Mitgliederversammlung (MV) ein entsprechender Tagungsordnungspunkt aufgenommen worden ist, wird über die Entlastung abgestimmt.

Dieser Beschluss erfolgt als Mehrheitsbeschluss – und muss nicht einheitlich gefasst werden. Der Mitgliederversammlung ist es auch möglich, über jedes einzelne Vorstandsmitglied gesondert zu entscheiden. In diesen Fällen muss das Votum nicht einheitlich ausfallen. Einzelne Vorstandsmitglieder können entlastet werden – bei anderen kann die Mitgliederversammlung eine Entlastung verweigern.

Hinweis: Ob über die Arbeit aller Vorstandsmitglieder in einem einzigen Beschluss entschieden werden kann oder ob jedes Mitglied gesondert zu entlasten ist, entscheidet ebenfalls die Mitgliederversammlung durch Beschluss – soweit die Satzung hier nichts anderes vorschreibt.

Wichtig: Wird über einzelne Vorstandsmitglieder abgestimmt, dürfen diese nicht an der Abstimmung teilnehmen.

Nicht entlastete Vorstandsmitglieder sind aber nicht wehrlos. Wenn Sie sich als Gesamtvorstand oder als einzelnes nicht entlastetes Vorstandsmitglied durch die Verweigerung der Entlastung zu Unrecht angegriffen fühlen, sind Sie aber nicht wehrlos. Sie können vor Gericht die Feststellung einklagen, dass die behaupteten Ersatzansprüche nicht bestehen. Das hat sogar rechtlich gesehen einen zusätzlichen Vorteil für Sie. Erhalten Sie nämlich ein entsprechendes Urteil, das die Entlastung des Vorstandes bestätigt, so reicht dies in seiner Rechtswirkung über die „normale“ Entlastung in der Mitgliederversammlung hinaus. Deshalb sollte ein Vorstand, dem die Entlastung allgemein, also nicht nur wegen konkreter Ersatzansprüche, verweigert wurde, dieses Rechtsmittel durchaus in Betracht ziehen.

Achtung: Solange ein Verfahren läuft, von dem (fast) alle Vorstandsmitglieder betroffen sind, wird der Verein entweder von den nicht betroffenen Vorstandsmitgliedern oder vom Notvorstand vertreten.

Gibt es eine Entlastung des Vorstands ohne Kassenprüfung?

Möglich ist es, die Regel ist es eher nicht. Wenn ein Verein keine Kassenprüfer hat, kann natürlich auch keine Kassenprüfung durchgeführt werden. Folglich wird es auch keinen Kassenprüfbericht geben. Trifft dies auf einen Verein zu, dann sind Kassen- und Rechenschaftsbericht entscheidend. Verständlicherweise gibt es dann auch keine Kassenprüfer, die die Entlastung vorschlagen. Die Vorstandsentlastung wird dann stattdessen vom Versammlungsleiter vorgeschlagen.

Sind für den Verein allerdings Kassenprüfer vorgesehen, diese aber (noch) nicht im Amt, muss die Entlastungserteilung möglicherweise verschoben werden. Gleiches gilt für den Fall, wenn zum Beispiel zwei Kassenprüfer vorgesehen waren, aber einer für längere Zeit ausfällt. Dann gibt es jedoch auch die Möglichkeit, die Prüfung dennoch durchzuführen. Vorab muss der durchführende Kassenprüfer in der Versammlung abstimmen lassen, ob eine Kassenprüfung mit nur einem Prüfer gewünscht ist.

Warum mit der Entlastung Ihre persönliche Haftung nicht immer endet

In der ordentlichen Mitgliederversammlung erstatten Sie als Vorstand den Mitgliedern Bericht über Ihre Tätigkeit. Im Anschluss hieran berichten in der Regel die Kassenprüfer über das Ergebnis ihrer Prüfung. Dann wird meist von einem Mitglied die „Entlastung des Vorstands“ beantragt und hierüber abgestimmt. Viele Vorstände fragen sich dann: Bin ich nach der Entlastung aus der persönlichen Haftung raus?

Praxisbeispiel

Auf der Mitgliederversammlung des Vereins „Kindernothilfe Neuburg e. V.“ gab es Ärger. Ein wegen Unstimmigkeiten mit dem Vorstand ausgeschiedener ehrenamtlicher Mitarbeiter warf dem Vorsitzenden vor, die Einnahmen aus dem Karnevalskostümverkauf nicht ordnungsgemäß angegeben und in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Der Vorsitzende wies die Vorwürfe empört zurück, und die Mitgliederversammlung beschloss schließlich die Entlastung des Vorstands. Einige Mitglieder kündigten an, das werde noch ein Nachspiel haben.

Rechtlicher Hintergrund

Wenn Sie als Vorstand durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung entlastet werden, handelt es sich um ein sogenanntes „negatives Schuldanerkenntnis“ im Sinne des § 397 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das heißt konkret: Schadenersatzansprüche kann der Verein nach einem solchen Beschluss nicht mehr gegen Sie oder andere Vorstandsmitglieder geltend machen.

Das ist zu tun: Wurden Sie von der Mitgliederversammlung „entlastet“, können Sie durchatmen. Voraussetzung ist allerdings, dass die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • 1. Ordnungsgemäße Kassenprüfung: Voraussetzung für einen wirksamen Entlastungsbeschluss ist, dass Sie den Kassenprüfern die Bücher und Aufzeichnungen über die Geschäftstätigkeit Ihrer Organisation übersichtlich und vollständig zur Verfügung gestellt haben. Haben Sie hier bewusst Informationen zurückgehalten oder in einer unübersichtlichen Buchführung „versteckt“, sind Sie von der persönlichen Haftung trotz Entlastungsbeschluss nicht frei.
  • 2. Vollständige Information: Gleiches gilt, wenn Sie in Ihrem Jahresbericht bewusst wichtige Informationen, insbesondere über die finanzielle und wirtschaftliche Situation Ihrer Organisation, zurückhalten oder die Tatsachen so verschleiern, dass die Mitgliederversammlung über die tatsächlichen Gegebenheiten getäuscht wurde.

Unser Rat:

Versuchen Sie – auch wenn es mal kritisch wird – nicht zu tricksen, und spielen Sie besser mit offenen Karten. Denn bei bewussten Täuschungen der Mitgliederversammlung nützt Ihnen auch der schönste Entlastungsbeschluss letztlich nichts.

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Ist eine Verweigerung der Entlastung möglich?

Einen gesetzlichen Anspruch auf Entlastung gibt es im Vereinsrecht nicht. Grundlegend sind dafür nur die Satzung, in der so etwas verankert wurde, oder das sogenannte Gewohnheitsrecht. Demnach muss auch eine Entlastung erfolgen, wenn nichts in der Vereinssatzung festgelegt wurde, es aber die vergangenen Vereinsjahre so gehandhabt wurde.

Leserfragen und Fallbeispiele

Frage 1 – Separate Entlastung für Vorstandsmitglieder

Klare Antwort: Nein. Es sei denn, Ihre Satzung oder eine Geschäftsordnung schreibt die separate Entlastung vor.

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Aber: Mit der Entlastung wird der Vorstand für das vergangene Jahr bzw. die zurückliegenden Jahre zu all den Punkten aus der Haftung entlassen, die der Mitgliederversammlung bekannt gemacht wurden (z. B. durch den Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden, den Kassenbericht usw.) oder sowieso bekannt sind. Warum sollte ein Vorstand freiwillig auf diese Freistellung von der Haftung verzichten?

Wichtig aber ist: Ein wirksamer Beschluss über die Entlastung des Vorstands kann von der Mitgliederversammlung nur dann gefasst werden, wenn Sie in der Tagesordnung ausdrücklich diesen Tagesordnungspunkt aufgenommen haben. Dies ist im § 32 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt.

Nicht vergessen: Bei der Abstimmung über die Entlastung darf der Vorstand oder die Vorstandsmitglieder, über die abgestimmt wird, nicht mit abstimmen. Sonst ist der Beschluss fehlerhaft. Grundlage hierfür ist § 34 BGB.

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Frage 2 – Wann eine Teilentlastung Sinn ergibt

Doch wie sieht das nun aus mit der Teilentlastung bzw. der Entlastung von nur einzelnen Vorstandsmitgliedern. Wann ist eine solche Vorgehensweise sinnvoll?

Die Antwort: Die Entlastung betrifft den Vorstand und den Schatzmeister, der – je nach Satzungsbestimmung – Vorstandsmitglied sein kann (aber nicht sein muss). Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, kann die Mitgliederversammlung

  • den Vorstand als Gesamtheit entlasten oder
  • nur einzelne Vorstandsmitglieder.

Die Entlastung kann aber noch weiter untergliedert werden: Die Mitgliederversammlung kann – z. B. bei gegebenem Anlass – die Entlastung auf ein bestimmtes Tätigkeitsfeld beschränken oder für bestimmte Geschäfte verweigern.

Fallbeispiel:

Der Kegelverein Gut Holz e. V. hat 100.000 € in den Bau einer neuen Kegelbahn investiert. Die Kegelbahn ist gebaut, das Geld ausgegeben – aber es fehlen Belege über die Mittelverwendung.

Folge: Die Mitgliederversammlung kann für das Geschäft „Bau der Kegelbahn“ dem Vorstand die Entlastung verweigern, weil die ordnungsgemäße Verwendung des Geldes nicht nachgewiesen ist.

Die Entlastung kann aber auch ausdrücklich einzelne Vorstandsmitglieder ausschließen.

Fallbeispiel: Im Verein Kinder in Musterhausen e.V. rumort es. Der zweite Vorsitzende hat offensichtlich Spendengelder veruntreut. Der übrige Vorstand arbeitet hart an der Aufklärung. Aus diesem Grund schlägt ein Mitglied vor, die Entlastung trotzdem vorzunehmen, den zweiten Vorsitzenden hiervon aber ausdrücklich auszunehmen, um etwaige Haftungsansprüche nicht zu verlieren.

Folge: Das ist möglich. Der zweite Vorsitzende bleibt dann, wenn die Mitgliederversammlung diesen Vorschlag annimmt, bei der Entlastung außen vor.

Frage 3 – Nachholen einer verweigerten Entlastung

Eine weitere Frage, die in der Praxis immer mal wieder eine Rolle spielt, lautet: „Kann man eine verweigerte Entlastung nachholen?“

Klare Antwort: Ja. Denken Sie an das Beispiel mit dem Kegelverein. Hat der Vorstand endlich die erforderlichen Belege beisammen, um die ordnungsgemäße Verwendung der Gelder nachzuweisen, kann in einer der kommenden Mitgliederversammlungen die Entlastung nachgeholt werden – sofern sie ordnungsgemäß in der Tagesordnung genannt wurde.

Last but not least: Gibt es einen Rechtsanspruch auf Entlastung?

Sie können die Entlastung zwar von der Mitgliederversammlung einfordern – aber nicht einklagen. Vor Gericht ist es allenfalls möglich, feststellen zu lassen, dass keine Ansprüche des Vereins gegen den Vorstand bestehen. Eine die Entlastung ersetzende Entscheidung aber gibt es nicht.

Frage 4 – Ersatzansprüche trotz erfolgter Entlastung

Wie ist das eigentlich, wenn die Mitgliederversammlung dem Vorstand die „Absolution“ erteilt hat – hinterher aber Dinge ans Licht kommen, die den Mitgliedern nicht bekannt waren? Diese Frage hat mir ein Vereinsmitglied gestellt, dessen Vorstand im Jahr 2010 rund 2.000 Euro zuviel an Fahrtkosten abgerechnet hat. Zudem möchte das Mitglied wissen, ob – trotz der erfolgten Entlastung – der Verein via Mitgliederversammlung, dieses Geld zurückfordern darf?

Grundsätzlich gilt: Etwa bestehende Ersatzansprüche (auch Bereicherungsansprüche) des Vereins gegen den Vorstand bringen die Entlastung zum Erlöschen. So die gängigen Rechtskommentare. Denn: Wenn der Vorstand durch die Mitgliederversammlung entlastet wird, sprechen die Mitglieder damit ihr Einverständnis aus, mit der Art und Weise seiner Geschäftsführung einverstanden zu sein. Dies bezieht sich auf den im Rechenschaftsbericht zusammengefassten Berichtzeitraum. Hierbei muss es sich also nicht zwingend um das Vereinsjahr handeln. Die Entlastung wirkt damit wie ein Verzicht oder ein sogenanntes negatives Schuldanerkenntnis.

Doch es gibt eine wichtige Einschränkung:

Die Entlastung erfasst nur diejenigen Ansprüche und alle die Vorkommnisse, die den Vereinsmitgliedern bei der Beschlussfassung tatsächlich bekannt waren – oder die ihnen bei „sorgfältiger Prüfung“ des erstatteten Berichts hätten auffallen müssen. Das betrifft ganz eklatante Fälle.

Beispiel:

Der Kassenwart berichtet: Kassenstand am 1.1.: 50.000 Euro, am 31.12.: 40.000 Euro. Ausgaben: 30.000 Euro, Einnahmen: 50.000 Euro.

Hier kann jedes Mitglied schnell errechnen, dass der Kontostand bei diesen Zahlen am Jahresende nicht 40.000 Euro, sondern 70.000 Euro hätte betragen müssen. Wird jetzt trotzdem Entlastung erteilt, könnte später durchaus das Argument fallen: „Hallo – das hätte nun wirklich jeder sehen können. Dass die Mitgliederversammlung trotzdem die Entlastung erteilt hat, zeigt doch, dass es keine Einwände gab – auch nicht gegen diesen offensichtlichen Geldschwund.“

Natürlich ist das Beispiel ein klein wenig überzogen. Doch wie heißt es so schön? Übertreibung macht anschaulich.

Doch zurück zu der Leserfrage.

Grundsätzlich gilt damit: Ansprüche, die aus dem Rechenschaftsbericht des Vorstands und den Unterlagen, die die Mitglieder ggfs. einsehen konnten, NICHT hervorgehen, sind von der Entlastung nicht umfasst.

Sollte der Vorstand also wirklich Reisekosten falsch und zu seinen Gunsten abgerechnet haben (wie auch immer das jetzt aufgeflogen sein mag), kann die Mitgliederversammlung verlangen, dass die Abrechnungen korrigiert und dem Verein das Geld erstattet wird. Letztendlich muss sie es sogar. Schließlich könnte das Finanzamt diese Zahlungen auch als unerlaubte Zuwendung (Vergütung) an den Vorstand sehen, womit das Thema Entzug der Gemeinnützigkeit plötzlich schneller auf dem Plan stehen kann, als Vorstand und Mitgliedern lieb ist. Von den gravierenden finanziellen Folgen ganz zu schweigen.

Frage 5 – Richtiges Vorgehen bei der Entlastung des Vorstandes

Wie gehen wir bei einer Entlastung eigentlich richtig vor?

In den meisten Vereinen besteht der Vorstand aus mindestens zwei Personen, wenn nicht mehr – schon um die anfallende Arbeit erledigen zu können. Und damit gibt es auch mehrere Möglichkeiten:

  1. Gesamtentlastung aller Vorstandsmitglieder in einem Abstimmungsvorgang – das heißt: Der Vorstand stellt sich „im Ganzen“ der Entlastung.
  2. Einzelentlastung mit mehreren Abstimmungsvorgängen – In diesem Fall wird über die Entlastung eines jeden einzelnen Vorstandsmitglieds abgestimmt.

Wie Sie jeweils dabei korrekt vorgehen, kann sich – muss aber nicht – aus der Satzung ergeben. Allerdings kann jedes stimmberechtigte Mitglied in den Fällen, in denen die Satzung die Gesamtentlastung vorsieht, verlangen, dass über die Entlastung eines jeden Vorstandsmitglieds einzeln abgestimmt wird.

Fallbeispiel: Im Vorstand ist Herr Klein für die Finanzen, Herr Groß für den ganzen Rest zuständig. Herr Groß mischt sich in die finanziellen Belange nicht ein. Aus dieser Arbeitsteilung der Vorstandsmitglieder kann sich ergeben, dass es besser ist, jedes Vorstandsmitglied einzeln zu entlasten, weil jedes Vorstandsmitglied seinen abgegrenzten Verantwortungsbereich hat.

In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich gleich die nächste Frage:

Frage 6 – Wer darf bei Teilentlastungen überhaupt abstimmen?

Nun, abstimmungsberechtigt ist jedes stimmberechtigte Mitglied, das in der Mitgliederversammlung anwesend ist. Wer nicht stimmberechtigt ist, ergibt sich aus der Vereinssatzung. Weil mit der Entlastung die Geschäftsführung des Vorstands gebilligt wird, ist es den Vorstandsmitgliedern untersagt, an der Beschlussfassung über die Entlastung teilzunehmen. Die Vorstandsmitglieder, die entlastet werden sollen, dürfen nicht mitstimmen – auch dann nicht, wenn sie zum Zeitpunkt der Abstimmung aus dem Amt ausgeschieden sind, über ihre Amtszeit aber entlastet werden sollen.

Findet für jedes Vorstandsmitglied eine eigene Abstimmung zur Entlastung statt, dürfen die nicht betroffenen Vorstandsmitglieder nur dann daran teilnehmen, wenn ein gemeinschaftlicher Verantwortungsbereich bestanden hat.

Vom Grundsatz her gilt, dass bei der Abstimmung über die Entlastung niemand mitstimmen soll, der im fraglichen Zeitraum als Entscheidungsträger oder Kontrollorgan an Entscheidungen oder Geschäftsvorgängen beteiligt war.

Übrigens: Die Entlastung ist erteilt, wenn eine einfache Mehrheit der Mitgliederversammlung dafür stimmt. Ausnahme: Die Satzung sieht andere Mehrheitsverhältnisse für das wirksame Entlasten ausdrücklich vor.

Unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Entlastung aber ist, dass jedes stimmberechtigte Mitglied frei entscheiden kann, wie es abstimmt. Die Entscheidungsfreiheit der Mitglieder und der Mitgliederversammlung geht soweit, dass sogar auf bekannte und berechtigte Ersatzforderungen verzichtet werden kann.

Dafür gilt dann aber auch:
 Ist die Entlastung beschlossen, kann der Verein gegen die entlasteten Vorstandsmitglieder keine Schadenersatzansprüche mehr geltend machen.

Wichtig: Aus dem Entlastungsbeschluss muss sich ergeben,

  • für welchen Zeitraum entlastet wurde,
  • ob Voll- oder Teilentlastung vorliegt,
  • bei Teilentlastung: entweder in positiver Hinsicht, für welche Tätigkeiten/Geschäfte sie gilt, oder in negativer Hinsicht, welche Tätigkeiten/Geschäfte von der Entlastung ausgenommen sein sollen.
Tipp: Der Umfang der Entlastung ergibt sich aus dem gestellten Antrag. Diesen können die Mitglieder beeinflussen, indem sie z. B. beantragen, bestimmte Geschäfte oder einzelne Vorstandsmitglieder auszuklammern

Fallbeispiel: Der Vorstand stellt nach Abgabe seines Rechenschaftsberichts den Antrag auf vollständige Entlastung. Vor der Beschlussfassung kommt es zu einer heftigen und kontroversen Aussprache über den Rechenschaftsbericht. Deutliche Kritik am Vorstand gibt es wegen eines erteilten Handwerkerauftrags über 50.000 €. Am Ende der Aussprache stellt Mitglied Daum den Antrag, den kritisierten Handwerkerauftrag aus der Entlastung herauszunehmen.

Die Mitglieder beschließen mehrheitlich, diesem Antrag zu folgen. Der Vorstand muss deswegen seinen Antrag entsprechend umformulieren, wenn er nicht Gefahr laufen will, dass die Mitgliederversammlung die Entlastung vollständig ablehnt.

Schränkt der Vorstand seinen Entlastungsantrag nicht ein, sondern beharrt auf vollständiger Entlastung, handelt die Mitgliederversammlung nur konsequent, wenn sie die Entlastung verweigert. Deshalb empfehle ich Ihnen, im Fall der Fälle lieber einer Teilentlastung zuzustimmen – ganz nach dem Motto: „Was man hat, das hat man“ – und die offenen Punkte bis zur kommenden Versammlung zu klären.

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FAQ: Entlastung des Vorstands

Wird ein Vereinsvorstand entlastet, bedeutet das, dass die Mitgliederversammlung den Vorstand und seine Mitglieder von Schadensersatz- und Bereicherungsforderungen freispricht – zum Beispiel, wenn Gelder falsch eingesetzt bzw. verwendet wurden.
Nein, der Vorstand hat nach § 34 BGB kein Stimmrecht bei einer Abstimmung über die eigene Entlastung. Sollte dies in der Vereinssatzung festgelegt sein, ist diese Satzung nach § 40 BGB unwirksam.
Wird die Entlastung von der Mitgliederversammlung verweigert, bedeutet zum einen, dass Missbilligung gegenüber dem Vorstand ausgedrückt wird. Zum anderen behält sich die Mitarbeiterversammlung vor, eventuell bestehende Schadensersatzansprüche beim Vorstand gelten zu machen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass diese Ansprüche zwingend bestehen. Auch bei einer Nicht-Entlastung kann der Vorstand bestehen bleiben oder wiedergewählt werden.
Sollten bei Unstimmigkeiten beispielsweise bei der Kassenprüfung vorliegen, sollte der Vorstand unter keinen Umständen entlastet werden, bis die Probleme behoben oder aufgeklärt wurden. Setzen Sie sich in diesem Fall mit den betreffenden Personen zusammen und versuchen Sie konstruktiv an einer Lösung zu arbeiten. Im schlimmsten Fall setzen Sie eine Frist. Wird diese nicht eingehalten können Sie im Rahmen einer Mitgliederversammlung Schadensersatzansprüche geltend machen und diese eventuell auch vor Gericht durchsetzen.
Wurde der Vorstand im Rahmen der Mitarbeiterversammlung entlastet, ist das wie ein negatives Schuldeingeständnis (§ 397 BGB). Das bedeutet, dass der Verein nach einem Beschluss keine Schadensersatzansprüche mehr gegen die Vorstandsmitglieder geltend machen kann.