Der Nachwuchs für den Vorstand fehlt?

Der Nachwuchs für den Vorstand fehlt?

© Robert Kneschke - Adobe Stock

Der Turn- und Sportverein Benediktbeuern-Bichl (TSVBB) steht vor der Auflösung. Es fehlt Nachwuchs für den Vorstand. Vereine im Loisachtal kennen die Problematik: Die große Verantwortung in der Vereinsspitze lastet oft schwer. Nur wenige Mitglieder wollen das auf ihre Kappe nehmen.

Tischtennis, Turnen oder Fußball – Sportvereine helfen Jung und Alt, sich fit zu halten. Nicht selten liegen sogar die Ursprünge von Sportlerkarrieren auf den Bolzplätzen der heimischen Klubs. Doch viel wichtiger: Sportvereine sind der soziale Kleber der Dorfgemeinschaften. Viele der Organisationen kämpfen allerdings um ihre Existenz. Es fehlen nicht Leute oder Geld, sondern Nachfolger, die organisieren

Das Problem des Nachwuchsmangels trifft nicht nur Sportvereine. Der ehemalige Bad Heilbrunner Trachtenverein Reindlbacher musste sich deswegen auflösen. Doch die Trachtler hatten Glück. Im vergangenen Jahr gliederte man die 50 verbliebenen Mitglieder beim zweiten Heilbrunner Trachtenverein Buchbergler ein.

Freilich lässt sich die Auflösung eines Vereins nicht immer so glimpflich wie in Heilbrunn abwickeln. Kaum vorstellbar, dass der TSV Benediktbeuern-Bichl seine fast 1400 Mitglieder in einen anderen Verein eingliedert. Nachfragen beim TSV-Vorsitzenden Helmut Kollhoff ergaben, dass es nun zwar schon viele Interessenten für andere Positionen im Verein gebe, „ein neuer Vorstandsvorsitzender fand sich bisher aber noch nicht“.

Für mich ist dieser Bericht Grund genug, um das Thema im Tipp der Woche aufzugreifen:

Zukunft gestalten: Besetzen Sie vakante Ämter gezielt mit jüngeren Mitgliedern

Viele Vorstandspositionen in den Vereinen sind vakant oder von eher älteren Vereinsmitgliedern besetzt. Nachwuchs lassen sich nur selten für Gremienarbeit motivieren, in manchen Vereinen ist die Jugend überhaupt nicht mehr vertreten. Es sieht so aus, als interessiere sich bald niemand mehr für das Anliegen einzelner Vereine, die Mitmenschen oder die Allgemeinheit. Liegt das am fehlenden sozialen Engagement in unserer Zeit oder sind die Menschen schlechter geworden?

Offensichtlich sind beide Behauptungen nicht korrekt, denn Untersuchungen vor einigen Jahren ergaben, dass sich in Deutschland zwei Drittel aller Menschen in einem Verein engagieren. Ein Drittel hat sich dabei auf die Verpflichtung eingelassen ein Amt zu übernehmen. Trotzdem zeigt die Vereinspraxis – wie eingangs dargestellt –, dass häufig für vakante Positionen im Vorstand kein Ersatz zu finden ist.

Die Ursache – so ist zu vermuten – liegt unter Umständen auf der einen Seite in mangelhaften Informationen über das, was der jeweilige Verein darstellt und im Fehlen von attraktiven Angeboten, die den einzelnen Menschen zu einer Mitgliedschaft oder zu einem zusätzlichen Engagement animieren. Auf der anderen Seite spielen natürlich auch Veränderungen der Interessen und der Anspruchshaltung vieler Menschen eine Rolle:

nicht mehr dauerhaft an Vereine binden, mehr Erlebnisse mit Event-Charakter, keine Leistung ohne Gegenleistung und anderes mehr.

Die Praxis zeigt, dass sich der Vorstandsnachwuchs leichter finden lässt, wenn die Suche systematisch erfolgt. Der Nachwuchs muss herangezogen und aufgebaut werden. Dies gelingt umso besser, je genauer die Vorstandsaufgaben beschrieben und transparenter die Rahmenbedingungen sind.

Wichtig:

Vor jeder Aktivität oder Veränderung im Verein bzw. Vorstand muss – sofern noch nicht geschehen – genügend Zeit in Selbstbetrachtung investiert werden.

Eine gründliche Standortbestimmung sollte zuerst die Aufgaben des Vereins klären. In der Regel hilft hier ein Blick in die Satzung. Unter Umständen müssen jedoch, nach einem Vergleich mit dem Vereinsalltag, Satzung und Vereinsleben auf einer Mitgliederversammlung wieder einander angeglichen werden.

In einem zweiten Schritt ist die Frage „Welche Funktionen benötigen wir im Vorstand?“ zu beantworten. Bewährt hat sich in diesem Zusammenhang – auch im Hinblick auf Kontinuität in der Vorstandsarbeit und das Einwerben neuer Vorstandsmitglieder – die Erstellung von Stellenbeschreibungen und die Formulierung von Anforderungsprofilen.

Aber auch Überlegungen zur Organisation Ihrer Vorstandsarbeit sind bei dieser Fragestellung sinnvoll. Und:

Wenn Sie Mitglieder und Nichtmitglieder motivieren und begeistern wollen, dann müssen Sie Ihr Wissen und das was Ihr Verein verfolgt und konkret macht, auch nach innen und außen optimal kommunizieren.

Als dritter Schritt empfiehlt sich die Einrichtung eines Jugendvorstands oder einer eigenen Jugendorganisation und die entsprechende Umsetzung. Denn: Junge Menschen sind eher für die Vorstandsarbeit zu gewinnen, wenn sie in eigener Verantwortlichkeit aktiv sein können.

Eingefahrene Gleise verlassen: So motivieren Sie jüngere Mitglieder

Machen Sie sich frei von überkommenen Denkansätzen. Suchen Sie nicht Nachfolger für Schriftführer, Organisationsreferenten, Beisitzer für Öffentlichkeitsarbeit usw., sondern stellen Sie mögliche Interessen und Motive des Nachwuchs in den Mittelpunkt Ihrer Überlegungen.

Suchen Sie Vereinsmitglieder, die Freude haben könnten an der Gestaltung Ihres Vereins-Newsletters oder des Internet-Auftritts, die sich für Medienarbeit begeistern können oder die Spaß an der Planung und Umsetzung der jährlichen Fahrten und Veranstaltungen haben. Senken Sie Hemmschwellen, indem Sie die Arbeit in den Vorstandspositionen erleichtern:

Stellen Sie dem Schriftführer ein Aufzeichnungsgerät und einen Laptop zur Verfügung, besorgen Sie für den Kassierer und für die Redaktion der Vereinszeitung die passende Software usw.

Tipp:

Fixieren Sie sich nicht auf bestimmte Positionen in Ihrem aktuellen Vorstand, denn selbstverständlich können Sie komplette Aufgaben an Arbeitsgruppen oder Personen außerhalb des Vorstands delegieren. Sie haben natürlich auch die Möglichkeit, Vereinsmitglieder für kurzfristige Aufgaben zu gewinnen, beispielsweise ein bestimmtes Fest organisieren, den Kontenplan aktualisieren, den Internetauftritt modernisieren, eine Fotodokumentation erstellen usw.

In diesem Fall sollten Sie jedoch dafür sorgen, dass die An- und Einbindung zum Vorstand funktioniert. Dies gelingt immer dann ganz gut, wenn ein Mitglied in der Arbeitsgruppe ein Vorstandsmitglied ist oder die Einzelperson zu allen Sitzungen eingeladen wird und dort zur Information verpflichtet ist, aber zugleich auch ein allgemeines Rederecht hat.

Nur wenn es Ihnen gelingt, die soeben skizzierten Veränderungen tatsächlich durchzusetzen, können Sie die Attraktivität einer bestimmten Vorstandstätigkeit und damit auch den persönlichen Gewinn für Nachwuchs aufzeigen. Das ist der entscheidende Schlüssel!

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