Vereinsvorsitz: Rücktritt in unbestimmter Zeit möglich?

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Als die aktuelle CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer am 10.02.2020 überraschend und ohne Vorwarnung ankündigte, dass Sie von ihrer Leitungsfunktion in der Christlich Demokratischen Union Deutschlands zurücktreten werde, waren Parteianhänger und politische Beobachter ratlos. Neben der Rücktrittsankündigung wurde vor allem der nicht kommunizierte konkrete Zeitpunkt des Rücktritts in den Medien und parteiintern diskutiert. Frau Kramp-Karrenbauer hat das Ziel ausgegeben, ihre Führungsposition in der CDU spätestens zum nächsten Bundesparteitag im Dezember 2020 abzugeben.

Faktisch bedeutet dies für die CDU als Volkspartei im Deutschen Bundestag, dass sie von einer Vorsitzenden auf Zeit geführt wird. Ähnlich wie Regierungschefs, Vorstandsvorsitzende oder Geschäftsführer auf Abruf, werden Entscheidungen und Aussagen der aktuellen Vorsitzenden ab sofort noch kritischer kommentiert. Dieses Machtvakuum wird bei amerikanischen Präsidenten auf Abruf folgerichtig mit dem Begriff „lame duck“ beschrieben.

Vereine jeglicher Größenordnung können ohne Vorwarnung in eine ähnliche Situation kommen. Kommuniziert ein Vereinsvorstand seinen Rücktritt ohne ein konkretes Rücktrittsdatum entsteht ebenfalls ein Machtvakuum und ein Handlungsdefizit im Verein. Vereinsmitglieder und Mitglieder des Vorstands stehen aus diesem Grund vor der Frage, ob eine angekündigte Amtsniederlegung des Vereinsvorstands ohne Nennung eines klaren Austrittsdatums aus gesetzlicher, vereinsrechtlicher Sicht möglich ist. Darüber hinaus muss objektiv geklärt werden, ob ein angekündigter Rücktritt des Vereinsvorstand Vorteile für den Verein haben könnte.

Vereinsrecht: Wie Vorstände ihren Rücktritt im Verein ankündigen können

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) stellt die Grundlage des Vereinsrechts dar. Es beschreibt eindeutig, über welche Rechte und Pflichten ein Vereinsvorstand verfügt.

In Bezug auf den Rücktritt des Vorstands hat der § 26 des BGB eine besondere Bedeutung. Hier wird definiert, dass das Vorstandsmitglied durch Abgabe einer Willenserklärung gegenüber einem anderen Vereinsvorstand seine Amtsabtretung erklären kann. Eine mündliche Information über den Rücktritt reicht in den meisten Fällen aus. Regelt die Satzung des Vereins abweichend, dass ein Amtsverzicht schriftlich dargelegt werden muss, ist die Schriftform zwingend einzuhalten.

Generell hat der Vorstand eines Vereins aus gesetzlicher Sicht zu jeder Zeit das Recht, seinen Amtsverzicht zu erklären. Dies ist möglich, da im BGB keine konkreten Anlässe aufgelistet sind, die einen Rücktritt rechtfertigen. Die Gründe für die Rücktrittserklärung sind nicht relevant und haben keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Demission. Besteht der Vorstand aus einem Mitglied, muss er seinen Rücktritt anderweitig darlegen. In diesem Fall konkretisiert die Satzung des Vereins, dass eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen werden muss, in der der Vorstand seine Amtsaufgabe erklärt.

Für die Vereinspraxis bedeuten die Vorgaben des BGB zusammenfassend, dass ein Vereinsvorstand:

  • zu jeder Zeit das Recht besitzt, seinen Rücktritt im Verein anzukündigen und von seinem Amt zurückzutreten.

Er kann sich entweder entscheiden:

  • unmittelbar zurückzutreten oder
  • einen Zeitpunkt festlegen, zu dem sein Amtsverzicht wirksam wird.

Bei einem sofortigen Rücktritt ohne Karenzzeit muss der Vereinsvorstand sicherstellen, dass dem Verein genügend Zeit verbleibt, um das freie Vorstandsamt zu besetzen.

Rücktritt im Verein ankündigen: Der Rücktritt darf nicht zur Unzeit erfolgen

Bei einer Rücktrittsankündigung ist der Vereinsvorstand verpflichtet, den § 627 BGB beachten, in dem eine Kündigung oder ein Rücktritt zur Unzeit beschrieben wird. Mit dem Terminus „Unzeit“ verdeutlicht der Gesetzgeber im Vereinsrecht, dass die Amtsaufgabe eines Vereinsvorstands die juristische Handlungsfähigkeit des Vereins massiv einschränken kann.

Sieht die Satzung eines Vereins beispielsweise in einer Vertretungsberechtigung vor, dass der 1. Vorsitzende und der 2. Vorsitzende den Verein gemeinsam nach innen und außen vertreten, kann der unverzügliche Rücktritt des 1. Vorsitzenden schwerwiegende Folgen haben. Durch den prompten Amtsverzicht, der aus Sicht des BGB sofort wirksam ist, kann der Verein aus rechtlich nicht mehr adäquat vertreten werden. Beispielsweise können Kaufverträge nicht ratifiziert werden, da kein unterschriftsberechtigter Vorstand anwesend ist. Der Verein gilt als führungslos und handlungsgelähmt.

Dieser Zustand kann bei den Mitgliedern wie in der Außenwirkung für beträchtlichen Schaden sorgen. Im schlimmsten Fall könnte durch den unmittelbaren Rücktritt des 1. Vorsitzenden der Fortbestand des Vereins in Gefahr sein. Aus diesem Grund muss ein Vorstandsmitglied vor seinem Rückzug aus dem Amt die Folgen seines Handelns eingehend reflektieren. Werden dem Verein durch einen Rücktritt zur Unzeit nachweislich Schäden zugefügt, ist der ehemalige Vorstand auf Grundlage des § 627 BGB schadenersatzpflichtig.

Gründe, die einen sofortigen Amtsverzicht unmöglich machen

Enthält die Vereinssatzung darüber hinaus explizite Vorgaben und Bestimmungen, die einen sofortigen Rücktritt des Vereinsvorstandes unmöglich machen, muss dies beachtet werden. Ein Vorstandsmitglied kann in diesem Fall erst nach Erfüllung der Leitlinien zurücktreten. Dies ist beispielsweise praxisrelevant, wenn die Vorstandstätigkeit im Verein an einen Arbeits- oder Dienstvertrag gekoppelt ist. In diesem Fall muss vor dem Amtsverzicht geklärt werden, zu welchen Konditionen der Arbeits- oder Dienstvertrag aufgelöst wird. Erst nach einvernehmlicher Absprache der Auflösungsbedingungen oder durch Schließen eines Aufhebungsvertrages kann dem Rücktritt des Vorstands satzungsrechtlich stattgegeben werden.

Ein sofortiger Amtsverzicht ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn einem Vorstandsmitglied oder dem Gesamtvorstand Amtsmissbrauch nachgewiesen werden kann.

Beispiel: Die Vereinsführung eines Fußballvereins besteht aus 3 Vorstandsmitgliedern. Diese erklären sich gegenseitig und unmittelbar den Rücktritt und verankern ihren Amtsverzicht schriftlich. Mit dem Zeitpunkt der Erklärung ist der Verein faktisch handlungsunfähig. In diesem Fall greifen die Vorgaben des § 29 BGB. Der Gesetzgeber verfügt in diesem Paragrafen, dass das zuständige Amtsgericht in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels auf Antrag einen Notvorstand bestellen darf. Dem Notvorstand gegenüber erklären die bisherigen Vereinsvorstände ihren Rücktritt. Dieser wird nach der Erklärung umgehend wirksam.

Wie Vereinsvorstände ihren Rücktritt im Sinne des Vereins vollziehen

Für einen Rücktritt von einem Vorstandsamt mag es nachvollziehbare Beweggründe geben. Neben einer Erkrankung, die eine weitere Tätigkeit im Vereinsvorstand unmöglich macht, können Differenzen im Vorstand oder private Gründe den Ausschlag zum Rückzug geben. Vereinsvorstände handeln gesetzeskonform und im Sinne der Mitglieder ihres Vereins, wenn sie darauf achten, ihren Rücktritt nicht zu Unzeiten zu erklären. Dies bedeutet, dass sie dem Verein und seinen Organen ausreichend Zeit zur Verfügung stellen, um einen neuen Vorstand zu bestimmen.

Ähnlich wie im Beispiel der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer haben sie die Möglichkeit, ihren Rückzug vom Amt ohne ein festgelegtes Datum zu erklären. In diesem Fall bleiben sie geschäftsführend im Amt, bis ein Nachfolger gefunden wurde. Alternativ ist es ebenfalls möglich, einen konkreten Rücktrittszeitpunkt festzulegen. Durch ein solches Vorgehen können sie die Nachfolgeregelung und ihren Amtsverzicht beschleunigen.

Die Frist zum Rückzug sollte angemessen sein, damit der Verein eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen und einen Amtsnachfolger wählen kann. Vereinsvorstände, die einen Rücktritt planen oder kommunizieren möchten, sollten zu jeder Zeit ihre Verantwortung für den Verein und seine Mitglieder fokussieren. In diesem Fall kommen sie zu einer positiven und für alle Beteiligten gütlichen Entscheidung.

Rücktritt des Vereinsvorsitzes: Zusammenfassung und Fazit

Vereinsvorstände verfügen über das gesetzliche Recht, unmittelbar von ihrem Amt zurückzutreten. In der Praxis ist dies möglich, wenn die Vereinssatzung eine Nachfolgeregelung vorsieht oder mehrere Vorstände untereinander vertretungsberechtigt ist. In allen anderen Fällen ist ein angekündigter Rücktritt des Vereinsvorstands ohne festgelegtes Datum zielführender. Dieses Vorgehen räumt dem Verein eine angemessene Zeit ein, einen adäquaten Nachfolger zu finden. Wäre die im einleitenden Beispiel erwähnte CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer als Vorsitzende eines regionalen Vereins gewählt, wäre ihr Rücktritt aus rechtlicher Sicht professionell und vorausschauend abgelaufen. Ihr Verein hätte aufgrund der frühzeitigen Ankündigung ihres Ausscheidens ausreichend Zeit, die Nachfolge zukunftsorientiert zu klären.

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